Zwei Fragen, die Greta Gerwigs Film "Barbie" genial beantwortet

Was bleibt vom stereotypen Mann, wenn er nicht als Ernährer, Sexpartner, Beschützer oder zur Fortpflanzung gebraucht wird?

Ken.

Der prototypische Ken im Barbie-Film ist kein Abbild eines prototypischen Mannes, sondern personifiziert die emotionale Abhängigkeit männlich sozialisierter Personen von Frauen, die sie mit Selbstwert, Bestätigung und Beziehungskompetenz ausstatten.

Beim Zuschauen wirkt es, als würden Kens Gemütszustände übermäßig stark betont, um ihn zu einer Identifikationsfigur zu machen. Tatsächlich aber zeigt diese Regie-Entscheidung das Ausmaß der emotionalen Bedürftigkeit männlich sozialisierter Personen und den Raum, den diese einnimmt. 

Die emotionale Abhängigkeit wird durch "Kendom" auch nicht aufgelöst, sondern lediglich kompensiert. Kens Patriarchat definiert sich über die Unterdrückung und Abwertung der Barbies. Damit bleiben sie unverzichtbar für den Hochstatus der Kens.

 

Was bleibt von der stereotypen Frau, wenn sie keine Care-Arbeit leisten, nicht für Sex verfügbar sein und sich nicht vor Gewalt schützen muss?

Barbie.

Barbie ist die personifizierte emotionale Unabhängigkeit weiblich sozialisierter Personen als Gruppe. Die Barbies unterstützen sich gegenseitig und gehen solidarisch und frei von Konkurrenzgedanken miteinander um. Sie sind selbstbewusst, ohne dafür Bestätigung zu benötigen. 

Ihre emotionale Reife macht sie zu den natürlichen Anführerinnen - was sie jedoch nicht ausnutzen. Die Kens werden in Barbies Matriachat

weder abgewertet noch unterdrückt. Die Barbies zeigen im Gegenteil viel Verständnis für die Kens und handeln empathisch. 

Barbieland steht damit in einer Tradition matriarchaler Gesellschaften, die um ein Vielfaches egalitärer waren als patriarchale Systeme.  

 

In Barbieland geht es für niemanden ums Überleben. Hunger, Tod, Krankheit, Reproduktion und Gewalt spielen keine Rolle. Das macht es zu einem perfekten Setting, um das Gefühle und Emotional Labor in den Vordergrund zu stellen. 

Dem Film gelingt es so, den Finger in eine Wunde zu legen, die prototypische Männlichkeit mit allen Mitteln (oft gewaltvoll) versucht zu verbergen: Die Schwäche, die sich aus emotionaler Unreife ergibt, die wiederum die Folge autoritärer und stereotyper Erziehung zu „Männlichkeit“ ist.  

 

Dazu mehr btw auch in meinem Buch „Für Sorge“, das Anfang Januar erscheint. ✌️

 

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